Schon oft habe ich darüber geschrieben, dass ich während der Schwangerschaft kaum Austausch – oder Unterstützungsmöglichkeiten hatte. Ein paar Wochen nach der Geburt von Junior, bin ich (durch Zufall) auf den Bundesverband für behinderte und chronisch kranke Eltern bbe.eV gestoßen. Diesen möchte ich Euch heute ein wenig vorstellen. Abgestempelt wird hier niemand. Und genau das ist Wunderbare. Man steht zu sich und zu seinen Stärken und Schwächen. Ich bin voll und ganz begeistert und es ist mir eine Herzensangelegenheit, Euch diesen Verband vorzustellen (keine Werbung – nur Erfahrung)
Der Verein wurde aus dem selben Anliegen gegründet, aus dem ich auch meinen Blog gestartet habe. Es wird sich für die Interessen von behinderten und chronisch kranken Menschen eingesetzt, die Eltern sind, Eltern werden oder werden wollen.
Geleitet wird er von u.a. von den Gründungsmitgliedern die alle selbst, behinderte und chronisch kranke Eltern sind. Man kann sich mit Fragen an sie wenden, es gibt einen regelmäßigen Austausch und Infos per Mail und sie vermitteln Kontakte. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Vernetzten. So hat sich Frau Blochberger auch gefreut, dass ich diesen Blog gestartet habe und sich sofort angeboten, damit wir uns gegenseitig vernetzten können. Auch für einen Gastartikel war sie sehr offen – leider geht momentan das Tagesgeschäft vor. So hat sie mir Unterlagen zur Verfügung gestellt, die Euch vielleicht auch interessieren könnten, und die ihr hier und heute veröffentlichen werde.
Für einen Bereich setzt sich der Bundesverband ganz besonders ein. Für die Elternassistenz. „Mit diesem Begriff wird der Wunsch von behinderten Eltern umschrieben, die Hilfen zu erhalten, die sie benötigen, um ihre Mutter-/Vaterrolle auszufüllen.“ Das Deutsche Sozialgesetzbuch IX stärkt die Rechte von Menschen mit Behinderung, es enthält allerdings keine ausdrückliche Anspruchsgrundlage zur Elternassistenz. Hier setzt der Bundesverband an,startet Kampanien zur Aufklärung zu diesem wichtigen Thema und betreibt Öffentlichkeitsarbeit. Gleichzeitig bieten sie Fortbildungen für Assistenzkräfte an.
Was genau ist eigentlich eine Elternassistenz?
Auf der Seite des bbe wird dies wunderbar beschrieben:
- Elternassistenz unterstützt körper- und sinnesbehinderte Eltern, den Alltag mit Kind selbstbestimmt zu gestalten und für dessen Wohl zu sorgen.
- Die Eltern entscheiden selbst, wann, wo, wie und durch wen die Hilfen erfolgen. Erzieherische Belange bleiben in der Entscheidung der Eltern.
- Die benötigten Leistungen der Elternassistenz unterscheiden sich je nach Lebenslage, familiärer Situation und Art der Behinderung oder chronischen Erkrankung.
- Elternassistenz ersetzt nicht die persönliche Assistenz des behinderten Elternteils, die in anderen Lebensbereichen erforderlich sein kann.
- Arbeitsfelder der Elternassistenz sind z. B.: Pflege und Versorgung des Kindes, Assistenz bei altersgerechter Entwicklung des Kindes, Haushalt, Begleitung außerhalb der Wohnung, Betreuung des Kindes während der Therapiezeiten des behinderten Elternteil
Im vergangenen Jahr hat der bbe eine Umfrage zum Thema Elternassistenz gestartet. In ihrer Presseerklärung wird die Auswertung folgendermaßen beschreiben:
„Von 50 teilnehmenden Eltern mit Behinderung hatten 44 einen behinderungsbedingten Assistenzbedarf bei der Versorgung ihrer Kinder angegeben. Davon haben nur 19 einen Antrag auf Elternassistenz gestellt. 15 antragstellende Mütter bekamen den Antrag bewilligt und nutzen zwischen 12 und 105 Stunden Elternassistenz in der Woche. Der einzige antragstellende Vater hat den Antrag nicht bewilligt bekommen.
Die 31 Mütter und Väter mit Elternassistenzbedarf, die keinen Antrag gestellt hatten, sind alle verheiratet und überschreiten meist die aktuellen Einkommens- und Vermögensgrenzen, die für die Elternassistenz (Eingliederungshilfe nach SGB XII) gelten.
„Hier zeigt sich, dass das derzeit gültige Fürsorgesystem der Behindertenhilfe ganze Familien in die Armut treibt“, so Kerstin Blochberger von der Beratungsstelle Elternassistenz in Hannover. 5 dieser Familien gaben an, dass neben Lebenspartner/innen, Familie, Freunden und Nachbarn auch ihre minderjährigen Kinder die Unterstützungen leisten.
Das nicht nur von Pflegewissenschaftler/innen häufig als pflegende Kinder- und Jugendliche bezeichnete Phänomen konnte die Befragung nur im Zusammenhang mit den engen Einkommens- und Vermögensgrenzen und vor allem bei verheirateten Eltern feststellen. „Hier ist die Politik gefragt – die aktuellen Diskussionen zum Bundesteilhabegesetz haben den Handlungsbedarf ebenfalls oft thematisiert. Die Bundesregierung will allerdings von der im Koalitionsvertrag vereinbarten Herauslösung der Behindertenhilfe aus dem Sozialhilfesystem nichts mehr wissen“ so Blochberger weiterhin.“
Die Umfrageergebnisse sind unter folgendem Link einzusehen. Neben der Antragshäufigkeit finde ich besodners die Fragen 6 und 7 sehr erschrenkend.
Der Gedanke eine Elternassistenz zu beantragen kam uns auch schon. Leider hatten wir wenig Aussicht auf Erfolg. Denn Therapie und Praxis liegen momentan noch weit auseiander. In naher Zukunft (im Rahmen dieser Blogreihe) werdet ihr
- vom Leben mit einer Elternassistenz,
- einen persönlichen Kampf um die Elternassistenz, aber auch
- warum man nicht immer das bekommt was einem zusteht,
lesen können. Vielleicht meldet sich auch jemand für die andere Sichtweise – Arbeitsstelle Elternassistenz. (wheelymum08@web.de)
Nächste Woche wird Raul Krauthausen – der Aktivist – in dieser Blogreihe, seine Gedanken zum Thema Elternschaft mit Behinderung, mit uns teilen.
Von Elternassistenz habe ich bisher noch nichts gehört oder gewusst. Ich finde das einen ganz wunderbaren Ansatz. Schön wäre es, wenn alle Eltern, die diese benötigen, diese auch zugesprochen bekämen. Unabhängig von Einkommen etc. Kinder sind unsere Zukunft und die Eltern könnten so auch mehr am Leben ihrer Kinder teilhaben – auf die etwas andere Weise natürlich, aber immerhin. Ich selbst habe persönliche Assistenz geleistet und es ist wundervoll.
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