Ich dachte wir wären in Deutschland auf einem Weg in Richtung Inklusion und Teilhabe. Und verglichen mit anderen – ärmeren – Ländern ist das auch bestimmt wirklich so. Wie sehr Menschen mit Behinderung und Eltern mit Behinderung aber wirklich behindert werden, habe ich in den vergagenen Wochen mehrfach erfahren müssen.
Es begann so einfach mit dem Plan mit meinen beiden Männern im Mai nach Berlin zu fahren. Wir eollten mit dem Zug anreisen, dann dort ein paar Nächte bleiben und danach mit dem Zug zurückfahren. Ich machte mich an die Planung und es gab nur Probleme:
- Der Bahhof bei uns in der Stadt ist nicht behindertengerecht, barrierefrei oder Rollstuhlgeeignet. Man kommt mit dem Rollstuhl einfach nicht an die Gleise. Auf meine Nachfrage, bekam ich die Aussage: „Sie haben 2 Möglichkeiten: Entweder sie gehen einfach an einen großen Bahnhof (30 km entfernt) oder sie lassen sich und den Rollstuhl zu den Gleisen hochtragen. Eine Begleitung haben sie ja sowieso dabei.“ ähm… ja danke für das Gespräch.
- Als Rollstuhlfahrer muss man seine Bahnreisen mind. 24 Stunden vorher anmelden. Das ist jetzt bei uns kein Problem, aber spontes Zugfahren scheidet damit schoneinmal aus.
- Bei Deutschen Bahn gibt eine sogannte Mobilitätszentrale. Die Menschen dort sind wirklich freundlich und bemüht. Aber bei einer Mama, im Rollstuhl die auf eine Begleitperson angewiesen ist, kann kein Kind mitfahren. Ich dachte ich falle aus dem Rollstuhl. Es gibt es extra Rllstuhlplätze im Zug. Hier dürfen nach Aussage von 2 unterschiedlichen Mitarbeitern, keine Kinder sitzen.
- Die Kinderabteile der Deutschen Bahn sind für Eltern mit Kindern. Ein Rollstuhl darf hier, nach Aussage der Mitarbeiter nicht hinein. Erstens ist dafür kein Platz, und auf meine Nachfrage, wie es ist, wenn ich umgesetzt werde, bekam ich die Antwort, dass dann der Rollstuhl immer noch keinen Platz hat.
- Unsere Lösung? Ich habe einen Rollstuhlpatz im Zug und mein Mann und Junior gehen in das Kinderabteil. Aber!!! Es wird hier ganz deutlich, dass man auf Eltern mit Behinderungen nicht vorbereitet ist. Es gibt Eltern und es gibt Menschen mit Behinderungen – aber beides in einer Person? No way
Ich will Aufspringen und laut schreien: Wir sind hier! Es gibt uns! Bitte seht uns!
Ich will Aufspringen und laut schreien: Ich bin hier! Es gibt mich! Bitte seht mich!
Nun wollen wir nach Berlin. In unsere Hauptstadt!
Ich habe mich im Vorfeld erkundigt, welche Hotels barrierefrei und Rollstuhltauglich sind. Schon alleine damit minimierte sich die Auswahl. Es ist also immer noch keine Selbstverständlichkeit. Aber ok – immerhin gibt es einige Hotels, indie man als Menschen mit Behinderung gehen kann.
Auf meine 30 Nachfragen nach passenden Zimmern für unsere Konstelation (Mama mit Rollstuhl und einer Begleitperson – die in unserem Fall auch der Papa ist – und einem Kleinkind) bekam ich fast nur Absagen. Die Begründung war immer die selbe:
Es gäbe Familienzimmer, aber diese sind nicht barrierefrei oder zu klein für den Rollstuhl. Und dann gäbe es barrierefreie Zimmer. Meistens sind das Einzelzimmer. Manchmal auch Doppelzimmer. Leider ist es nicht möglich, hier ein Zustellbett mit hineinzustellen, da der Rollstuhl sonst keinen Platz hat.
Das Echo war auch hier: Es gibt Eltern und alleinerziehende mit Kindern und es gibt Menschen mit Behinderungen. Aber beides in einer Person? No way!
Auch hier möchte ich aufspringen und schreien: Es gibt uns. Wir sind da. Bitte seht uns.
Ich möchte aufspringen und schreien: Es gibt mich! Ich bin da! Bitte seht mich!
Von 2 Hotels bekam ich eine postive Rückmeldung. Leider deckten diese sich beide nicht mit unseren Ansprüchen. Ja, jetzt stellt sie auch noch Bedingungen.
- Hotel 1 kann ein Barrierefreis Zimmer mit Zustellbett anbieten. Leider gibt es in der Nähe keine barrierefreie S – oder U – Bahnstation und die nächste barrierefreie Satation liegt ca. 5 km entfernt. Da wir in Berlin auch unterwegs sein werden, ist dies einfach keine Option für uns.
- Hotel 2 kann ALLE unsere Anforderungen erfüllen. Ein Aufenthalt für 3 Nächte für 3 Personen würde aber 998€ kosten. Und was soll ich sagen, leider können wir das schlichtweg nicht finanzieren.
Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegben und in den letzten Tagen nochmals 20 mögliche Unterkünfte angeschrieben.´und angerufen. Darunter waren ettliche Tipps aus meiner Onlineblubblerblase. Hier haben wir nun eine Möglichkeit gefunden, zu übernachten, auch wenn unser Budget ziemlich überstrapaziert wird.
Wir freuen uns wirklich sehr darüber.
Aber alleine dieser Kampf hat mir wieder einmal klar vor Augen geführt, wie weit weg, wer immer noch von einer wirklich Inklusiven Geselschaft entfernt sind und das Eltern mit Behinderungen, einfach immer noch viel zu wenig Beachtung finden. Genau dieses Wort : BEACHTUNG trifft es für mich ganz gut. Denn ich will nicht nur gesehen werden, nein, ich möchte auch geachtet werden. Denn das hat jeder Mensch verdient.
Das muss eine echt mühsame Erfahrung gewesen sein! Mir ist auch schon aufgefallen dass reisen in Deutschland nicht ganz so einfach ist wie hier in der Schweiz. Hier gibt es kaum einen Bahnhof der keine Rampe hat. Meist sogar noch einen Lift! Viele Züge sind niederflurig, im gleichen Abteil ist dann Platz für Fahrräder und Kinderwagen und eben Rollstühle. Ältere Züge aber sind schon mühsam, wir hatten 1-2mal dass wir den Zwillingswagen samt Fuhr komplett ausladen und zusammenklappen mussten, das wäre dann auch nicht machbar gewesen mit einem Rollstuhl.
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Ich lebe in Berlin und kann sagen: Es kann auch schon „nur“ mit Kinderwagen recht mühsam sein. Ich spreche hier vor allem von den öffentlichen Verkehrsmitteln. Man muss teilweise drei Fahrstühle benutzen, um von der S-Bahn zu U-Bahn zu kommen. Dann lass mal noch einen kaputt sein… Zur Verteidigung aller Berliner möchte ich aber betonen, dass sich immer hilfreiche Hände finden ließen. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass es mit einem Rollstuhl ungleich schwerer ist. Fährt man Kinderwagen, beginnt man zu erahnen, was Rollstuhlfahrer in ihrem Alltag so durchmachen.
Mehr Flexibilität für Deutschland! Aber hey, du darfst sowohl auf dem Behinderten- als auch auf dem Familienparkplatz am Supermarkt parken 🙂 Wenn ich jetzt hochschwanger aber ohne Kind unterwegs bin, würde ich mir einen Schwangerenparkplatz wünschen!
Scherz beiseite: Ich hoffe, dass Eltern mit Behinderung sichtbar werden! Und du leistest dazu einen großartigen Beitrag! Wann seid ihr dann in Berlin? Vielleicht sieht man sich ja.
LG
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Das klingt wirklich anstrengend… Ich finde es so schon schwer zu planen. Vielleicht, weil ich auch so selten in den Urlaub fahre und keine Erfahrung hab 😀
Aber wenn ihr es letztendlich doch planen konntet, freu ich mich 🙂
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Inklusion, was ist das? Das gibt es in Deutschland nur auf dem Papier bzw. theoretisch. Sonderschulen werden abgeschafft und die Schüler einfach auf Regelschulen verteilt, ohne zu schauen, welche Bedürfnisse haben die Schüler und welche personelle Ausstattung die Schulen. Ich unterrichte an einer Sekundarschule in Berlin, die auch Schüler in allen Klassen mit Lernschwächen, Defiziten in den unterschiedlichsten Bereichen aufweisen. Früher wären viele dieser Schüler an Sonderschulen gewesen, mit sonderpädagogischen Lehrkräften, die in ihrer Ausbildung gelernt.haben, ihre Schüler optimal zu fördern. Heute sitzen diese Schüler in normalen Klassen, haben Unterricht bei Lehrkräften, die nie irgendetwas mit Sonderpädagogik in ihrer Lehrerausbildung zu tun hatten. Wenn dann noch andere Schüler in der Klasse sitzen, die gewisse Verhaltensauffälligkeiten aufweisen und den Unterricht massiv torpedieren, dann fallen diese Schüler mit sonderpädagogischen Förderschwerpunkten einfach hinten drunter. Und das nennt sich dann Inklusion. Inklusion steht zwar drauf, ist aber mitnichten drin.
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Hi, beim nächsten Versuch mal über eine rollstuhlgerechte FeWo nachdenken, das gibt es und das kann in eurem Fall eine Lösung sein und es ist finanzierbar. Als Anregung für weitere Reisen 😉
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