Im August habe ich mit meinem Mann das Open – Air Kino besucht. Wir haben den warmen Sommerabend genossen und einen Film, ganz untypisch für ein Sommer Open – Air angeschaut. Ein Film bei dem die Regisseurin anwesend war noch einige Infos dazu gab. Ein Film von dem ich mir wünsche, dass ihn viele Menschen sehen und das darüber diskutiert wird. Ein Film der ein Tabuthema offen anspricht. Ein Film der bewegt. Ein Film der jetzt im September ins unsere Kinos kommt.

24 Wochen

In dem Film geht es um das Tabuthema einer Spätabtreibung.

Kurz zum Inhalt: (Achtung ab hier Spoiler)

Astrid (Julia Jentsch) und ihr Mann Markus (BjarneMädl) leben mit ihrer Tochter Nele in einem schönen Haus. Astrid ist erfolgreiche Kabarettistin, ihr Mann ist ihr Manager, der sie mit viel Gelassenheit unterstützt. Die beiden erwarten ihr zweites Kind. Bei einer Routineuntersuchung in der Schwangerschaft wird bei dem Baby Trisomie 21 festgestellt. Die anfängliche Ungewissheit wie man damit umgehen soll, weicht zügig der Sicherheitfür das Kind. Für ein Leben mit Down Syndrom. Voller Zuversicht und Stärke, gehen die beiden das Thema Behinderung und Down Syndrom an: „Darf man Downie überhaupt sagen?“ Die ersten Reaktionen von Verwandten und Freunden sind gemischt und unbeholfen. Die Diagnose wird zum Alltag und beide freuen sich auf das zweite Kind. Beie ienr weiteren Routineuntersuchung wird zusätzlich ein schwerer Herzfehler diagnostiziert. Es folgen weitere Arztgespräche und die Entscheidung gerät ins wanken.

 

Der Film ist toll gemacht und er regt zum Nachdenken an. Anne Zohra Berracheds beschreibt in ihren Eröffnungsworten, dass sie eins gelernt hat: 9 von 10 Frauen entscheiden sich bei der Diagnose Down Syndrom gegen das Kind. 7 von diesen 9 Frauen sagen vor der Schwangerschaft und der Diagnose, wir würden das Kind behalten. Es ist anderes in der Situation zu stecken und diese Entscheidung zu treffen Niemand steht es zu ein Urteil zu bilden. Aber die Diskussion zu diesem Thema soll angeregt werden.

Nach einem  gemeinsamen Besuch auf einer Frühchenintensivstation wird für Astrid klar, dass nämlich nicht auf einmal alles gut werden muss, sondern ihre Zweifel nehmen zu. Sie fühlt sich nicht stark genug. Bei ihrem Mann ist durch den Besuch auf der Station genau das Gegenteil passiert. Er fühlt sich in der Entscheidung das Kind zu bekommen bestärkt.  Die Entscheidung ist getroffen. Und gleichzeitig bleiben Zweifel. Denn niemand kann einem sagen, ob sie richtig ist. Die Hebamme z.B. antwortet auf diese Frage: „So eine Entscheidung kann man nur treffen, wenn man sie treffen muss.“ Während ich überlege, wie ich entschieden hätte, bin ich mittendrin in dieser Entscheidung von Astrid. Denn plötzlich blickt sie mich aus der Leinwand fragend an und  ohne ein Wort, werde ich gefragt: „Was würdest du tun?“

Die  Gespräche mit Ärzten und einer Hebamme sind so ehrlich und authentisch, dass man denken könnte man sei in einem Dokumentationsfilm. Gleichzeitig weichen auch die Schauspieler etwas aus dem Drehbuch ab und geben sich der Situation hin. Genau dadurch entstehen diese Eindrücke,sehr nah, an der Realität zu sein. Das gilt auch für die Abtreibung selbst, bei der die ungefilterten Herangehensweise bestehen bleibt. In der 24 Wochen wäre das Kind bereits lebensfähig. Aus diesem Grund wird durch die Bauchdecke die Kaliumchloridspritze in das Herz des ungeborenen Babys gestochen, damit dieses stehenbleibt. Als Zuschauer ist man direkt dabei und es viel mir sehr schwer dies auszuhalten. (Gerade in unserem Bekanntenkreis gibt es ein Kind, welches in der 25 SSW zur Welt kam)  Ich konnte kaum hinsehen und einfach nicht mehr aufhören  zu weinen. Ja, zu trauern.  Die Frau vor mir sagt entsetzt, „Die machen das wirklich“.

Diese Qualität und Authentizität bekommt der Film dadurch, dass für die Nebenrollen wie Arzt, Hebamme usw. keine Schauspieler engagiert wurden, sondern Laien die in diesen Berufen Tag für Tag arbeiten.

Es geht nicht „nur“ um die Entscheidung für oder gegen ein Kind. Es werden auch die Themen offen und schonungslos angesprochen, dass selbst in einer gleichberechtigten Beziehung, die Entscheidung am Ende bei der Frau liegt. Ich persönliche stelle mir dies unheimlich belastend für die Frau selbst aber auch für die Beziehung vor. Zwischen Moral, Kraft und Liebe gibt es auch Gesetzte. Häufig wird dies vergessen. Hier wird es klar an – und ausgesprochen.

Auch das Thema Pränataldiagnostik ist sehr bedeutend. Wie weit darf die Medizin gehen? Hier bei mir auf dem Blog gab es dazu bereits einen beeindruckenden Gastbeitrag, der in die andere Richtung geht.

Was mir dabei fehlt ist die Ansicht, wie es hätte auch sein können. Hier würden mich auch einmal Stimmen von Eltern interessieren, die sich für ihre Kinder entscheiden haben.

Die Geschichte ist eine Mischung zwischen Realität und Fiktion. Astrid und Markus sind „erfunden“ Ihre Geschichte ebenso. Nicht so aber die gesetztlichen Rahmenbdingungen, das Gesundheitssystem und vieles mehr.

 

Ein Film mit einem Ende. Ein Film bei dem eine Entscheidung getroffen wird. Ein Film bei dem die Bilder sprechen, wenn die Stimme wegbleibt. Ein Film der zum Nachdenken anregt Ein Film der Fragen aufwirft. Ein Film der tief berührt. Ein Film der nicht mehr loslässt. Ein Film mit dem Ende: „Ich weiß auch nicht, ob es richtig oder falsch war, vermutlich beides ein bisschen.“  Und einem  „ich vermisse dich“

 

 

 

4 Gedanken zu “24 Wochen

  1. Scheinbar habe ich heute einen emotionalen Tag.
    Ja ich weiß um was der Film geht und trotzdem laufen mir beim lesen deiner Worte die Tränen runter. Ja, so Kinder wie meins sind nicht gewollt. Teilweise darf ich Diskussionen gar nicht lesen, da wird man sogar als Eltern von behinderten Kindern angegriffen „So was muss doch heute nicht mehr sein!“ So was wurde vor nicht all zu langer Zeit auch getötet, zwar erst nach der Geburt, aber weil die Leute das richtig fanden und da ich sowas in dem Thema drin bin kämpfe ich jeden Tag dagegen, denn die Leute finden es richtig „Sowas nicht in die Welt zu setzen.
    ich liebe unser kleines „SoWas“ und hoffe, dass Menschen mit Down Syndrom nicht aussterben 😦

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    1. Danke Martina für deine Worte. Ja, ich habe auch Kontakt zu Menschen mit Down Sybdrom und ich empfinde sie als so herzliche und offene Menschen, das wir uns alle daran ein Beispiel nehmen sollten. Die Anfeindungen die ihr zu hören bekommt sind unter aller S*u. Dein „Sowas“ eschäftigt mich gerade so sehr, dass ich nicht in der Lage bin meine Gedanken in Worte zu fassen. Denn sowas über einen Menschen zu sagen macht mich unheimlich traurig und wütend

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  2. Was soll ich sagen , ich selber habe einen wundervollen dreieinhalb Jährigen Sohn mit Down Syndrom und ich würde Junis auf nix in der Welt hergeben. Ich selber habe keine Untersuchungen gemacht , da ich nicht Gott Spiele und mir bewusst war , das ich mich nie gegen mein Baby entschieden hätte. Ich kenne viele kleine Kämpfer die auch ihre Herzfehler haben und die Ärzte ihnen keine Chance geben , und viele haben sich doch ins Leben gekämpft und sind sehr glücklich. Ich persönlich finde das jeder der die Diagnose bekommt ,zwei Tage in einer Familie zu verbringen wo es so ein Schätzchen gibt , und ich bin fest davon überzeugt das sich sehr viele für ihr Kind entscheiden. Diese Liebe zu den Kindern ist einzigartig und ich kann es sagen denn ich habe fünf. Schaut mal in die Liebe vollen Augen der Eltern mit was für ein stolz wir unsere Kinder zeigen den wir sind ausgesucht was ganz besonderes zu erleben . Bedingungslose Liebe Bedingslose Ehrlichkeit Bedingungloses Lachen und Bedingungsloses KUSCHELN und KÜSSCHEN

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    1. Danke Melanie, für deinen Kommetar. genau das möchte ich mit der Beschreibung des Filmes anregen. Denn alleine das die gesetzlichen, gesellschaftlichen und medizinischen Rahmenbedingenen geschaffen sind, um solche Entscheidungen treffen (zu müssen) finde ich wirklich diskussionswürdig. Deinen Vorschlag finde ich sher spannend. Meistens ist die Angst, Angst vor dem Unbekannten.

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